Bin ich zu alt?

Es wird Zeit zu leben.
Aber vielleicht bin ich zu alt?
Knirschend wie eine schlecht gezimmerte Zarge
Sind meine Gelenke manche Tage eine Plage
Wo ich früher kein Gedanke dran verschwendete
Fühl' ich mich heute als ob ich verendete
Im Schein meines Bildschirms, vor langer Zeit.
Ich brauch' kein Mitgefühl oder Beileid,
War dies doch, entgegen aller Weisheit,
nichts was ich verändern wollte.
Egal waren mir alle Leute.
Das normale Leben war kein Segen.
Ich war allein in Sicherheit,
vor allen Sorgen, allem Streit
allen Gefühlen, und der Zeit.

"Bin ich zu alt?"
Das Leben verändert sich,
"Greif nach den Sternen, traue dich!",
Dachte ich und sagten meine Gefühle zu mir.
"Was hast du alles verpasst
Als du, schon halb verblasst,
Dich entwickelt hast: Zu einem Vampir.
Jetzt ist die Zeit,
Jetzt ist es soweit!"
Es kostet Überwindung,
Wie ein Säugling nach der Entbindung
Seinen ersten Atemzug tut
Entrissen aus seiner Sicherheit, voller Wut,
Ist es doch ein Segen,
Der Versuch zu Leben.

"Bin ich zu alt?"
Was Freunde sein sollten
Fühlt sich an als verfolgten
ihre Vorschläge ein anderes Ziel:
Für sie war es nur ein Spiel.
"Wer hat Schuld?"
"Ist es zu spät?"
Mein Leben ein einziger Tumult.
Aber ich bin belebt.
Nicht sofort, alles braucht Zeit,
Nichts ist umsonst, sondern kostet Arbeit.
Weg mit den Sorgen und dem Zweifel,
weder zu Stolz noch zu eitel
hab' ich gelernt aus dem Rückschlag
und fühlte mich stark.
Stark genug, es neu zu versuchen
fing ich an alte Freunde zu besuchen
und landete in der Ferne,
der Stadt des Marzipans
und neuer Wärme.

"Bin ich zu alt?"
Der Anfang war ein Segen
das Studieren und das Leben,
war beides wunderbar.
Neue Freunde, in einer guten Gruppe
"Was festes", dachte ich, "nicht flüssig wie Suppe."
Doch das Unvermeidbare geschah:
Die Gruppe zerbrach, an zu viel Gier.
Lag es an mir?
"Mit dieser Prämisse", dachte ich nun
"Sagt mir die Wahrheitstabelle
ganz auf die Schnelle:
Was sollte ich tun?"
Ohne Gefühle stellte ich fest
Die Antwort zeigt sich nur mit einem Test:
Läuft mein Leben so weiter
ist es vielleicht gescheiter
mich wieder zurückzuziehen,
mich wieder zu setzen vor den Computerscreen.
"Aber", so hab' ich mich überlistet,
"Es ist besser, wenn ich unbefristet
den Test fortlaufen lasse,
denn nur über die Masse
dn Datenpunkten lässt sich schließen
ob die Möglichkeit existiert
das Leben zu genießen."

"Bin ich zu jung?"
Ist meine neue Frage,
"Vielleicht braucht es doch ein paar Tage
Um Erfahrung anzuhäufen."
Das Leben besteht nicht nur aus Wettläufen.
Rückschläge sind zwar hart,
doch kann man ohne Schatten
das Licht nicht genießen.
Auf einen guten Tag
folgt oft die Pflicht vom sich aufrappen,
das neu Erblühen und neu Sprießen.
Alles braucht eine Chance,
denn auch in Krankheit und Schlechtem
liegt die Möglichkeit für Relevanz
für das Ausbrechen eines Geschwächten
in eine positive Zukunft,
sagt meine Vernunft.
Für ein gutes Leben muss ich kämpfen,
darf mich nicht zurück lehnen oder schwänzen!
Muss wachsen und gedeihen
Besser lernen zu verzeihen,
anderen und mir selbst,
Denn wie du in den Brunnen reinbellst
So kommt es auch wieder heraus.
Das war mein Gedankenhaus,
als ein Lichtschein in mein Leben kam,
Nicht in meinem Plan,
sprachst Du mich an.
Eine deiner ersten Fragen,
preschte direkt rein in meine Narben:
"Wie alt bist du?"
Und siehe da:
es passte wunderbar.

© , 2021

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