Im Neonlicht

Auf einer Bank,
da sitzt ein Mann.

Er sitzt da schon
seit vielen Jahren,
man könnte denken,
dass er angelt,
doch seine Schnur
ziert gar kein Haken.

Eines Tages kam gelaufen
eine hübsche junge Frau.

Sie setzte sich knapp neben ihn
und er sagte ungestüm:

„Was wollen Sie?
Ich kaufe nichts!“

Sie sagte:
„Ich suche nur
nen ruhigen Sitz.
Verkaufen, nein,
das liegt mir nicht.“

So saßen sie
und schwiegen leis‘,
doch plötzlich
wurd‘ dem Mädchen heiß
und es kullerten die Tränen.

Es schluchzte:
„Niemand kann mich zähmen!
Ich laufe immer nur im Kreis,
mein Herz,
das ist ein Abstellgleis!“

„Ach Mädchen!“
sprach der alte Mann.
„Nicht nur auf Dir
liegt dieser Bann!
Auch mir geht’s so,
glaub mir das mal,
an manchem Tag
werd‘ ich nicht froh.“

Das Mädchen sprach:
„Ein Abstellgleis,
das trifft es nicht,
mir steht die Jugend
im Gesicht,
drum ist da mancher,
der mich anspricht,
doch die will ich alle nicht.
So gleicht mein Herz
der Bahnhofshalle.
Einer kommt
und einer geht,
einer wartet,
einer steht,
und ich,
ich wohne leider hier,
oder hause wie ein Tier.“

Der Mann genervt:
„Was willst Du denn?
Einen, der nur mit Dir pennt?
Oder einen Gentlemen,
mit Sacko und mit Sonntagshemd?
Spiel hier nicht die Leidende,
wir sind halt alle Reisende!

Nun sei nicht dumm
und schau Dich um!
Blick mal achtsam in die Halle,
fühlen tun wir das doch alle,
dass wir nicht alleine sind,
doch uns‘re Augen sind oft blind.

Die Menschen hier,
die taugen nichts,
sie haben Leere im Gesicht.
Kein Lächeln seh’ ich,
seh’ kein Leben,
die können keine
Liebe geben.

Aber schau,
da sitzt ein Spatz,
vielleicht wird er
Dein neuer Schatz?“

Das Mädchen stutzt
und es entfährt ihr
noch ein letzter kleiner Schluchz.
„Der spinnt ja wohl“,
das denkt sie dann.
Doch sie schmiegt
sich an ihn ran.

„Der Spatz,
der fliegt gleich wieder raus,
er wohnt hier nicht,
ist nicht zuhaus‘.

Ich denk‘,
ich wähle eine Taube,
siehst Du die
mit weißer Haube?

Sie wohnt hier,
doch ich stör‘ sie nicht.
Schon grell genug,
das Neonlicht.

Ich denk‘ mir einfach,
sie sei mein,
so soll mein Herz,
für sie ein Heim,

für ewig
ein Zuhause sein.“

© , 2021

Gewidmet:
den Reisenden
Widmung

Von der Seele schreiben ...

Du kannst auch eigene Werke einreichen,
die dann veröffentlicht werden.