Der Verbrenner
Es ist schon ziemlich lange her,
ein Mann, er lebte wie ein Tier,
in einem Wald, auf einer Lichtung
und seine Leidenschaft war Dichtung.
Eines schönen Tages kam
eine Idee, so hell und warm,
in seinen Kopf und setzte sich,
unter seinen blonden Zopf.
Das Leben,
ja so glaubte er,
es ist nicht leicht,
ist richtig schwer.
Eine Idee,
die musste her,
um die andern zu bewegen,
um sie so zu überzeugen,
von dem bösen,
schweren Leben.
So schuf er dann ein Krankheits-Rad.
Es lohnt hier kurz vorzugreifen,
dass er konnte nicht begreifen,
dass es nur sein Glaube war,
die ihm bescherte diese Qual.
Der Glauben an die böse Welt,
die ihm nicht gibt,
was ihm gefällt,
denn auch in der schönsten Sonne
da sah er nur die Regentonne.
So baute er
mit Holz und Farbe,
denn er hatte diese Gabe,
ihm lag nicht nur die Dichterrei,
sondern auch die Zimmerei.
Es war ein Mann,
das mag ich sagen,
voll mit bunten,
guten Gaben.
Das Rad, es stand es jetzt,
stolz und schön,
es war ganz pächtig anzusehen.
Und der Mann,
er blickte stolz,
auf seine Kunst
aus buntem Holz.
Ein Rad,
das hat er da gebaut
und hätte er es schon gewusst,
wie das mal auf die Menschen haut',
er hätt' es wieder abgebaut.
In seinem Blick die Regentonne,
schreibt er auf das schöne Bunt
jede Krankheit dieser Welt,
sie sprudeln schnell aus seinem Mund.
Sie sprudeln weiter in die Finger,
die dann die harten Worte schreiben,
die bald eine Gesellschaft kleiden.
Es ist der Tod,
in seinen Farben,
den er da schreibt,
auf dieses Rad.
Er malt ihn in so bunten Farben,
wie einen schönen Regenbogen,
doch sein Denken, die Gedanken,
die haben ihn fies angelogen.
Bald ist er fertig
und blickt stolz,
auf dieses Meisterwerk aus Holz.
Er setzt sich und er ruht sich aus,
und plötzlich bricht der Himmel auf.
Denn weil der Mann so hat gelogen,
da hatte er sich zugezogen.
Im Sonnenschein fliegt eine Fee,
sie fliegt zu ihm.
"Was tut Dir weg?",
das fragt er dann, der junge Mann,
den umgibt ein dunkler Bann.
Die Fee,
sie stützt ein kleiner Ast,
den hat sie zu ihm mitgebracht.
Sie sagt:
"Hier!
Siehst Du meine kleine Krücke?
In meinem Bein ist eine Lücke!"
Der Mann spricht stolz:
"Dann dreh' ich mal,
an meinem Rad,
es spricht stets wahr
schenkt jedem Wesen seine Qual."
Die Fee, sie freut sich schon darauf,
das Drehen wird ein fester Brauch
und jedes Wesen von der Wiese,
kommt zu dem Mann,
wenn es muss niesen.
Das Rad,
es dreht sich
und es dreht.
Doch manches Wesen,
dass es wählt,
wird belogen und gequält.
Für jedes Wesen,
jedes lose,
das zu ihm fliegt
in Einsamkeit,
für den hat es etwas bereit.
Keinen Kamin und keine Hose,
keine Sonne, keine Rosen,
es verschenkt nur Diagnosen.
Und manches Wesen freut das sehr,
vorher war ihr Leben schwer,
sie wussten nicht,
was quält mich denn?
Sie zogen los,
zum Manne hin
und er gab ihnen ihren Stempel,
die Fee kriegt einen,
auch der Hempel,
der hat den Ali angerempelt
und das wollen alle nicht.
Das ist gut so,
denn wir wissen,
anzurempeln
ist und bleibt
für alle Zeit
total beschissen
und deswegen drehen wir,
öffnen der Krankheit uns're Tür.
Ob es nun ein Tumor ist,
ein kleiner Pickel im Gesicht,
eine Krankheit im Gehirn
oder eine heiße Stirn...
Die Symptome sind so bunt,
Vermutungen,
sie sprudeln bunt.
Und jeder,
der zum Rad hin geht,
hat sich danach ins Bett gelegt.
Da lagen sie dann ihre Zeit
bis die Zeit, sie war bereit.
Und wurden durch die Ruh' gesund,
ihre Farben wieder bunt.
Eines Tages kam ein Greis,
zu dem Mann mit seinem Rad
der einsam stand am Abstellgleis
und aß mit ihm ein großes Eis.
Der Junge sagte zu dem Alten,
"Ich kann das Rad nicht mehr behalten,
was ich erschuf mit Trauerblick,
das soll hier weg,
ich will zurück.
Zurück auf meine Blumenwiese,
ich möchte weg von diesem Ort,
von all dem Leid,
von all der Trauer,
ich weiß,
ich gehe heute fort."
Der Alte sagte:
"Junger Mann.
Was diese Jugend alles kann!
So geh' doch,
tanz' und fühl Dich frei.
Dann geht der Regentag vorbei."
Und dann kam noch ein lieber Rat:
"Junger Mann!
Gib mir Dein Rad!
Weg gehen ist die Lösung hier,
Du Mensch,
Du bist ein kluges Tier."
Und so brach der Junge auf,
aus seinem Mund stieg milder Rauch
im Morgengrauen zog er aus.
Er staunte über jedes Tier
über Blätter,
über Pflanzen,
über Käfer,
über Wanzen.
Und der Alte,
es war früh,
im Morgengrauen war es kühl
er steckte sich ein Feuer an,
er rückte immer näher ran,
und es erhellte seine Knochen,
das Feuer hat man weit gerochen.
Es roch nach Rauch,
nach diesem bunten
und damit war das Rad verschwunden,
es wurde von ihm angesteckt,
den Alten hat das nicht erschreckt.
Und der junge Mann
er fand,
dank dem alten Zaubermann
ein neues Rad.
Es trug in weit
bis an den hellen Horizont,
bis auf den nächsten Kontinent.
Er dachte dann noch lange dran,
an den alten weißen Mann.
Er dachte:
"War er vielleicht ein weiser Kenner?"
Dann schenkte er sich einen Kuss
und dann kam er zu dem Schluss:
Der Mann,
den ich getroffen habe,
der hatte eine große Gabe.
Er war ein zauberhafter Penner:
Ein Zerstörer, ein Verbrenner.
© Sophie Bachmann, 2021