Der Ausweis
Es war ein regenreicher Tag,
ein Tag, den wirklich niemand mag.
Ein Tag mit nassen, kalten Beinen,
da lohnt nur das Zuhausebleiben
und vielleicht ein bisschen weinen.
An diesem Tag,
da ist mein Ausweis
mit dem Impfzertifikat,
leider etwas nass geworden
von dem ganzen Niederschlag.
Am nächsten Tag
sagt meine Tochter:
"Komm, wie fahren Riesenrad!"
Und ich sag ihr:
"Du, das geht nicht.
Hab kein Impfzertifikat."
Und ich laufe durch den Regen,
laufe hin zu meinem Arzt,
möchte einen neuen Ausweis,
damit ich wieder einen hab.
Doch die Ausweise sind alle,
was mich wirklich gar nicht freut.
Laufe zu den Johannitern,
die mir spritzten rein das Zeug.
Der Weg ist weit,
mal wieder Regen,
nach einer Stunde komm ich an,
lauf' bei denen in die Lobby,
freu mich,
denn hier ist es warm.
Doch auch hier,
die liebe Dame,
kann für mich nichts Gutes tun.
Sagt, die Daten liegen sicher,
bei dieser Vereinigung.
Der Vereinigung der Massen,
ach ne, die der Krankenkassen.
Da könnt' ich es ja mal versuchen,
mal einen Termin zu buchen,
damit die nach den Daten suchen.
Und sie schickt mich höflich weg,
und mein Fuß trägt eine Blase,
Regen tropft mir von der Nase,
doch auch hier, es ist verrückt,
hab keinen Ausweis eingesteckt.
Und ich denke: "Ach verdammt!
lauf ich mal ins Gesundheitsamt..."
Hier die nächste liebe Dame,
schaut mir freundlich ins Gesicht.
Die erscheint sehr aufgeweckt.
Doch auch sie hat keinen Ausweis,
auch hier wird nichts eingesteckt.
Doch sie ist cool,
stellt einen Antrag
beim Ministerium des Landes,
vielleicht gibt das die Daten raus.
Das dauert dann nur ein paar Wochen,
der Weihnachtsmarkt,
der ist dann aus.
Und ich habe mir erlaubt,
ihr ganz freundlich zu erklären:
Das Riesenrad
ist dann schon längst,
leider wieder abgebaut.
Sie notiert sich meine Nummer,
sagt noch mal Entschuldigung.
Für so Fälle von Verlust,
da fehlen hier noch die Strukturen.
Ich folge meinen nassen Spuren,
wieder raus aus diesem Haus.
In mir wächst ein großer Frust,
ich verliere meinen Schwung,
versinke mal ganz kurz im Kummer.
Doch auch diese nette Frau,
hatte für mich einen Rat:
"Verkneifen Sie sich ihren Fluch
und gehen Sie zur Apotheke,
kaufen sich für kleines Geld,
ein neues kleines gelbes Buch."
Doch drei Apotheken später
fühl ich mich um Jahre älter,
denn die hatten alle keins,
ohne Ausweis geh' ich heim.
Und dann sag' ich meiner Tochter:
"Süße, das wird leider nichts."
Doch zum Glück,
da weiß ich Rat!
"Frage doch mal Deinen Papa,
der fährt mit Dir Riesenrad."
Aus ist leider uns're Liebe,
doch das kann auch praktisch sein.
Als ich spazierte durch den Regen,
blieb der Mann bei sich daheim.
Und so hat er immernoch,
dieses kleine gelbe Buch,
das goldene, begehrte Stück.
Und so geht er mit der Tochter
morgen schon zum Riesenrad.
Und ich denke: "So ein Papa,
das ist schon ein großes Glück!"
© Sophie Bachmann, 2021